Brief an den Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz nach Verleihung der verschlossenen Auster durch das Netzwerk Recherche für besonders schlechte Informationspolitik
"Sehr geehrter Herr Kopp,
ich war bei der Konferenz des Netzwerk Recherche und habe Ihre "Auster-Rede" und die Diskussion danach mitbekommen.
In der Hoffnung, dass Ihr Hinweis: "Die Bischofskonferenz ist nicht mehr dieselbe wie vor einem Jahr." tatsächlich gilt und die Bereitschaft für weiteres Lernen - rational und emotional - auch wirklich da ist, schreibe ich Ihnen.
Wobei ich zugeben muss, dass ich Zweifel habe. Die gute, journalistische Sitte - die Menschen dort abzuholen, wo sie sind - umzusetzen, fällt mir in Ihrem bzw. dem Fall der Bischofskonferenz wirklich schwer, weil ich mich dann automatisch sehr weit von den Opfern, ihrer Perspektive und ihren Emotionen wegbewegen muss.
Ich will versuchen, das zu erläutern: Für mich wurde das z.B. deutlich in Ihrem Gebrauch des Wortes "tragisch", das Herr Prantl zurecht anmahnte, Verbrechen sind kriminell und nicht tragisch und unterlassene Hilfeleistung ist skandalös und nicht tragisch. Auch der Hinweis auf den "fast 90-jährigen Prälaten", der "in einer Fronleichnamsprozession ohne Rücksicht auf das religiöse Geschehen" interviewt wurde, ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer.
Verstehen Sie mich bitte richtig: Auch ich finde Letzteres fragwürdig, aber die Kritik verbunden mit dem Hinweis auf das hohe Alter ist zynisch, wo Kirchenvertreter so gar kein Einsehen, so gar kein Mitleid und so gar keine Rücksicht nahmen (und in Teilen auch heute noch nehmen) auf Menschen trotz ihres *niedrigen* Alters, auf Kinder - und die wurden nicht einmal interviewt, sondern über Jahre vergewaltigt und geschlagen!
Und hier stellt sich nach wir vor die Frage: Bei welchem Alter liegt den nach Vatikan-Recht die Grenze für legale sexuelle Kontakte?
[...]
Ich wünsche allen Betroffenen Heilung und allen Befassten die Bereitschaft zum Hinschauen, auf dass die von Tätern gestreuten Mythen und Rechtfertigungen nicht mehr greifen,
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Olga Masur